Gesundheit erlangen - Frühling 2024

| 31 Medizin „Manchmal werden falsche Diagnosen gestellt“, merkt Prof. Dr. Michael Sticherling an, stellvertretender Direktor der Hautklinik des Uniklinikums Erlangen. „Ihre Dermatologin oder Ihr Dermatologe sollte sich deshalb mindestens einmal den ganzen Körper ansehen, um Ihre Erkrankung richtig beurteilen zu können. Eine Neurodermitis tritt nämlich in der Regel an mehreren Stellen auf beziehungsweise kann zwischen diesen hin- und herspringen.“ Bei der Erkrankung bricht die Schutzbarriere der Haut zusammen: Die äußere Körperhülle wird trocken, rissig und angreifbar. Dadurch setzen ihr Stoffe aus der Umwelt, Bakterien, Kälte, Hitze und Schweiß stärker zu. Verschiedene Botenstoffe des Nervensystems stoßen die Neurodermitis an – deshalb auch die Vorsilbe „Neuro“. Die Erkrankung wird auch als atopische Dermatitis bzw. als atopisches Ekzem bezeichnet. Sie zählt zu den chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen. Umwelt, Veranlagung, Immunsystem und Mikrobiom – also alle uns bevölkernden Mikroorganismen – tragen ihren Teil dazu bei, dass eine Neurodermitis entsteht. „Ein Faktor allein reicht dabei nicht aus“, erklärt Michael Sticherling. „Therapeutisch setzen wir heute meist beim Immunsystem an, das bei der Neurodermitis überreagiert und neu eingestellt werden muss. Zusätzlich sollten Betroffene, wenn möglich, diejenigen Umweltfaktoren meiden bzw. reduzieren, die ihre Symptome befeuern – etwa chemische Putzmittel, hautreizende Kleidung, Hitze, Allergene wie Tierhaare und psychische Belastungen.“ Die Ernährung spielt eine Rolle Bei manchen Betroffenen triggern auch bestimmte Nahrungsmittel die Hautbeschwerden. Der Dermatologe stellt aber klar, dass es keine pauschale Neurodermitis-Diät für alle gibt. Auch ein grundsätzliches Verbot von Nahrungsmitteln mit → NEURODERMITIS Quälend juckende, rote, schuppende Haut – eine Neurodermitis kann unerträglich sein. Wie die Erkrankung heute auch ohne Kortison behandelt wird und welche Rolle Stress und Ernährung dabei spielen. VON FRANZISKA MÄNNEL Nur eine Phase? Etwa 15 bis 20 Prozent der Kinder leiden an Neurodermitis, bei Erwachsenen sind es 3 bis 7 Prozent. Fast alle Betroffenen haben bereits in der Kindheit Symptome. Bei manchen macht die Neurodermitis in der Pubertät eine Pause und flammt erst im Erwachsenenalter wieder auf. Andere Erkrankte haben lebenslang Beschwerden. Mehr als nur Neurodermitis Mehr als die Hälfte der Neurodermitis-Betroffenen leidet parallel auch an Heuschnupfen, allergischem Asthma oder Nahrungsmittelallergien. Zunehmend gibt es Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Neurodermitis und psychischen Störungen wie Angst, Depression, ADHS und Autismus.

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