Gesundheit erlangen - Frühling 2024

32 | Medizin „Unglaubliches neues Lebensgefühl“ Jahrzehntelang litt Rainer L. an Schuppenflechte, war deswegen immer wieder in hautärztlichen Praxen und Kliniken. Schließlich blieb er eine Zeit lang beschwerdefrei. Doch irgendwann fing seine Haut fürchterlich an zu jucken. „Ich geriet in eine Juck-Kratz- Spirale, konnte nicht mehr schlafen“, berichtet der 67-Jährige. An der Hautklinik des Uniklinikums Erlangen wurde festgestellt, dass es sich nicht (mehr) um eine Schuppenflechte, sondern mittlerweile um eine Neurodermitis handelte. Diese wurde begleitet von der stärksten Form des chronischen Juckreizes – der Prurigo nodularis. Immer wieder kratzte sich Rainer L. die Haut blutig, ließ beim Duschen extrem heißes Wasser über seinen Rücken laufen, um den Juckreiz zu lindern. Prof. Sticherling empfahl dem Rentner einen Januskinase-Hemmer in Tablettenform, den er bis heute einnimmt. „Das Fantastische war: Innerhalb von 48 Stunden nach der ersten Einnahme war der Juckreiz weg“, berichtet der Patient. „Ich hatte Arbeitskollegen mit Neurodermitis, denen es jahrzehntelang schrecklich ging. Ich bin begeistert, dass mir diese neue Therapie so gut hilft.“ Hilfe durch Vitamine? Aktuell gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Fischöl, Vitamin D oder Vitamin E bei Neurodermitis wirksam sind. Vereinzelt wurden Besserungen durch Probiotika beobachtet, also durch Produkte mit lebenden Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien oder Hefen. Fortsetzung von S. 31 Milch oder Gluten spricht er für seine Patientinnen und Patienten nicht aus. „Solche Lebensmittel können aber durchaus relevant sein. Menschen mit Neurodermitis haben oft gleichzeitig Nahrungsmittelallergien oder -unverträglichkeiten, zum Teil mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Eine entsprechende Ernährung kann auch die Hautsymptome verschlimmern. Die individuellen Trigger sind vielfältig. Sie werden anhand von Haut- oder Bluttests und mithilfe der Krankengeschichte ermittelt. Das ist nicht immer leicht.“ Bei einer Auslassdiät, die therapeutisch begleitet werden sollte, wird zwei, drei Wochen lang auf verdächtigte Produkte verzichtet. Bessern sich die Symptome und werden sie wieder schlimmer, wenn das entsprechende Lebensmittel wieder gegessen wird, ist der Beweis erbracht. Dass Darmflora und (Haut-)Gesundheit zusammenhängen, wissen Forschende schon länger. „Ist die Besiedelung des Darms normal und gesund, ist es auch die Haut“, sagt Prof. Sticherling. „Die genauen Zusammenhänge sind aber noch nicht geklärt. Grundsätzlich gut ist eine mediterrane Ernährung mit viel Gemüse und nur wenig Fleisch.“ Hilfe von außen und innen Bei Neurodermitis rät der Hautarzt zunächst zu einer wirkstofffreien Basispflege, also einer Pflegecreme, die die Barrierestörung der Haut verbessert. Denn: Wird die Schutzschicht des Körpers immer wieder wundgekratzt, setzen sich darauf leichter Bakterien ab, die Infektionen auslösen und dann wiederum die Neurodermitis befeuern. Auch eine Salbe mit Glukokortikosteroiden (umgangssprachlich: Kortison) hilft. „Bei akuten Schüben, für wenige Tage bis Wochen ist Kortison unbedenklich und eine sehr wichtige Waffe der Medizin. Nur für die Langzeitanwendung eignet es sich nicht“, so Prof.

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