Gesundheit Bamberg - Frühling 2020

10 Titel Fortsetzung von S. 9 die Darmschleimhaut – 1.000-fach vergrößert kann er so Zellen, Bakterien und sogar Entzün- dungen sichtbar machen. „Wir färben Zellen gezielt an und schauen dann zum Beispiel, wie viele Entzündungszellen sich in der Darm- schleimhaut befinden, wie stark also die Ent- zündungsaktivität ist“, erklärt der Gastroente- rologe. Mit einer Art „Pricktest für den Darm“ kann Timo Rath sogar direkt an der Dünn- darmwand testen, ob sie auf bestimmte Le- bensmittel reagiert. Dazu sprüht er eine Lö- sung mit der jeweiligen Substanz – zum Bei- spiel Soja – über das Endoskop auf die Schleimhaut. Besteht eine Unverträglichkeit gegenüber Soja, bricht die Darmbarriere auf, bekommt also ein „Leck“, und es strömt Kon- trastmittel in den Darm hinein und leuchtet unter dem Lasermikroskop hell auf. Auch das Einströmen von Entzündungszellen lässt sich dann beobachten. „Wir wollen die Endomikroskopie künftig im Rahmen von Studien noch stärker dafür einsetzen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten nachzuweisen“, sagt Ernährungsexpertin Prof. Zopf und ergänzt: „Ich erlebe viele Menschen, die jahrelang von Pontius zu Pilatus laufen. Sie sind verzweifelt und fühlen sich nicht ernst ge- nommen.“ Gerade diesen Patienten könne ei- ne ausführliche Diagnostik und gegebenen- falls eine Magen- oder Darmspiegelung helfen. Mini-Darmmodelle Wie sich die Darmschleimhaut beim Kontakt mit verschiedenen Stoffen verhält, will auch PD Dr. Walburga Dieterich wissen. Im ernäh- rungsmedizinischen Labor des Hector-Centers des Uni-Klinikums Erlangen züchtet sie Orga- noide heran, hergestellt aus humanen Stamm- zellen aus der Darmschleimhaut. An diesen kleinen kugelförmigen „Darmmodellen“ kann die Wissenschaftlerin studieren, wie das Ge- webe auf unterschiedliche äußere Einflüsse reagiert – ohne dass ein Patient dafür noch- mals untersucht werden oder neue Gewebe- proben abgeben muss. Dr. Dieterich: „Irgend- wann wollen wir von unseren kleinen Organ- modellen Biomarker ableiten – das heißt: Messparameter, die eine Unverträglichkeit anzeigen. Die Zukunft der Diagnostik geht da- hin, für jeden Patienten sein ganz eigenes spe- zifisches Problem zu bestimmen und ihn dann personalisiert zu behandeln.“ fm Organoide: An Mini-Darmmodel- len simulieren die Forscher die Reaktionen der Darmschleimhaut. Die winzigen Strukturen (links) schwimmen in den Tropfen unter dem Mikroskop (oben). Das bloße Auge erkennt sie kaum. Eine Mitarbeiterin des ernährungsmedizini- chen Labors betrachtet die Organoide unter dem Mikroskop.

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