Gesundheit Bamberg - Frühling 2020

11 Titel Wenn Weglassen nicht reicht Von der Ursache zur Therapie. Bei Magen-Darm-Beschwerden einfach auf immer mehr Lebensmittel verzichten? Nach Meinung von Experten ist das nicht ratsam. In der ernährungsmedizinischen Sprechstunde des Hector-Centers des Uni-Klini- kums Erlangen berät Prof. Dr. Yurdagül Zopf eine junge Patientin. Bei plötzlichen starken Bauchschmerzen, an- haltenden Durchfällen und Verstopfungen soll- ten Patienten immer zuerst chronische Erkran- kungen von ihrem Hausarzt oder einem nie- dergelassenen Internisten ausschließen las- sen. Auch an die Neben- und Wechselwirkun- gen von Medikamenten sollten Betroffene denken. „Mancher nimmt heute ja 10 bis 15 verschiedene Mittel ein“, merkt die Ernäh- rungsmedizinerin Prof. Dr. Yurdagül Zopf an. „Manchmal können Eiweiße aus der Nahrung dann nicht adäquat abgebaut werden und zu veränderten Immunreaktionen im Darm füh- ren – zum Beispiel dann, wenn jemand für lan- ge Zeit bestimmte Magensäureblocker ein- nimmt.“ Deutet sich an, dass die Beschwerden mit der Ernährung zusammenhängen, können Betroffene zunächst selbst testen, ob es ih- nen besser geht, wenn sie ein verdächtigtes Lebensmittel weglassen. Bei einer Laktose- oder Sorbitintoleranz beispielsweise funktio- niert dieses Vorgehen gut. Doch eine lange Liste mit immer mehr verbote- nen Lebensmitteln ist meist keine Lösung, wie Prof. Zopf erklärt: „Viele Patienten lassen im- mer mehr weg, bis sie irgendwann gar nicht mehr wissen, was sie noch essen sollen. Und je mehr sie weglassen, desto weniger vertragen sie. Durch die veränderte Ernährung ändert sich nämlich auch das Darmmilieu“, schildert die Expertin. Der Verzicht führe also oft nicht zur Bes- serung – im Gegenteil: Pati- enten riskieren zusätzlich eine Unterversorgung mit Mikronährstoffen. Die wie- derum wären aber wichtig für eine funktionierende Im- munabwehr, also auch für den Darm – ein Teufelskreis. Prof. Zopf rät generell von abrupten Ernährungsum- stellungen ab. „Das Mikrobi- om des Darms braucht Zeit, um sich an veränderte Ess- gewohnheiten anzupassen“, betont sie. →

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