Gesundheit Bamberg - Frühling 2020

34 Medizin-Report In Deutschland haben 75 Prozent der Zehn- und Elfjährigen ein eigenes Smartphone. Bei den Ab-12-Jährigen liegt die Quote bei 95 Prozent. WhatsApp, Snapchat, Instagram, Videos und Handyspiele buhlen heute im Sekundentakt um die Aufmerksamkeit von Kindern und Jugendli- chen. Manche Eltern beobachten besorgt, dass ihren Kindern das „Abschalten“ immer schlech- ter gelingt. Doch: Mama und Papa sind oft selbst „betroffen“. Sie starren aufs Handy, wäh- rend ihr Sohn oder ihre Tochter sich mit ihnen beschäftigen möchte. Mama, schau mich an! „Doch diese unmittelbare Reaktion der Eltern ist vor allem bei kleinen Kindern entscheidend für eine gute Eltern-Kind-Beziehung“, betont die Diplom-Psychologin Ale- xandra Schwarz von der Kinder- und Jugendklinik des Uni-Klinikums Erlan- gen. Bekommen Kinder zu wenig Aufmerksamkeit, können sie mit Quen- geln, Wut oder Hyperaktivität reagieren, um sich mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Andere werden still und ziehen sich zurück. „Wenn Eltern nicht ansprechbar sind, ihr Kind nicht ansehen und ihm keine mimische Re- aktion zurückspiegeln, äh- nelt das dem Verhalten von psychisch kranken Müttern und Vätern“, er- klärt die Psychologin. „Und wir wissen, dass für die Kinder solcher Eltern zum Beispiel das Risiko, an Medienkonsum. Wenn Familien immer öfter am Handy hängen, kann sich das auf das soziale Miteinander und die Entwicklung von Kindern auswirken. Schalt mal ab! einer Depression zu erkranken, steigt.“ Er- wachsene, die den Handykonsum ihrer Kinder rügen, sollten sich also erst einmal fragen: Bin ich selbst überhaupt ein gutes Vorbild? Wie ein Magnet Der Grund für die geradezu magnetische Wir- kung von Smartphones: Jedes Mal, wenn wir etwas Neues lesen, wenn eine Nachricht eintru- delt, wenn jemandem unser neues Profilbild ge - fällt, wird im Gehirn der Neurotransmitter Dopa- min ausgeschüttet, der unser Belohnungssys- tem stimuliert. Es sind vor allem die positiven sozialen Interaktionen, die uns immer wieder zum Handy greifen lassen. Psychologin Alexan- dra Schwarz möchte Smartphones nicht pau- schal verteufeln. „Es gab schon immer Medien- kritik – beim Telefon, beim Fernsehen und heute bei den Smartphones. Aber es gab auch immer Menschen, die damit gut umgehen konnten, und welche, die das nicht so gut konn- ten.“ Laut der Psychologin zeigen Studien, dass sich Kinder und Jugendliche sehr wohl aktiv entscheiden können, ihren Medien- konsum zu reduzieren – etwa zu- gunsten von Hobbys. Doch hier ist vor allem die Erzie- hung gefragt: Wenn Eltern ihre Kinder schon früh mit dem Smartphone „ru- higstellen“, lernen die- se nicht mehr, sich sinn- voll mit sich selbst und mit anderen zu beschäfti- gen. Balancieren, Fußball, 75 Prozent der Zehn- bis Elfjährigen haben heute ein Smartphone.

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