Gesundheit Bamberg - Frühling 2020

Titel Fokus: Darmmikrobiom Prof. Dr. Yurdagül Zopf, Ernährungsmedizinerin und Leiterin des Hector-Centers für Ernährung, Bewegung und Sport an der Medizinischen Kli- nik 1 – Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie des Uni-Klinikums Erlangen, er- klärt: „Es gibt Hinweise, dass Menschen mit Nahrungsmittelunverträglichkeiten ein anderes Darmmikrobiom haben, dass also die gesunde Bakterienzusammensetzung im Darm verän- dert ist.“ Ursachen können laut der Expertin u. a. Magen-Darm-Infekte, Antibiotika oder chronisch-entzündliche Erkrankungen sein. Aber auch stark verarbeitete Lebensmittel, Konservierungsstoffe und andere Zusätze kön- nen dazu beitragen. „Ein verändertes Mikrobi- om kann Entzündungen im Magen-Darm-Trakt begünstigen, die möglicherweise dazu führen, dass jemand etwas nicht mehr verträgt“, sagt Prof. Zopf. Laut der Ernährungsmedizinerin ist es nicht ungewöhnlich, mehrere Unverträglich- keiten zu haben. „Meist entsteht ein Domino- effekt, und die Patienten können mit der Zeit immer weniger essen.“ Hat jemand eine eindeutige Unverträglichkeit, etwa gegen Laktose oder Fruktose, ist dem Be- troffenen damit geholfen, die entsprechenden Nahrungsmittel zu reduzieren oder ganz wegzu- lassen. Damit keine Mangelernährung entsteht, ist jedoch eine Ernährungsberatung sinnvoll. So sind etwa Menschen mit einer Fruktoseintole- ranz, die überwiegend auf Obst und Gemüse verzichten, eventuell unzureichend mit Vitami- nen, Zink und Folsäure versorgt. Fruktoseärme- re Lebensmittel und Nahrungsergänzungsprä- parate können hier eine Lösung sein. Detaillier- te Ernährungsberatungen bietet unter anderem das Hector-Center für Ernährung, Bewegung und Sport des Uni-Klinikums Erlangen an. Ist „frei von“ gesünder? Laktosefreier Joghurt, glutenfreies Brot, pflanz - liche Milch: Die Supermarktregale sind voll mit diesen „Frei-von“-Produkten, und für Menschen mit Unverträglichkeiten sind sie auch sinnvoll. Doch auch Gesunde greifen öfter zu Lebensmit- teln „ohne das gewisse Etwas“, um sich etwas vermeintlich Gutes zu tun. „Dabei nehmen sie zum Beispiel durch glutenfreies Brot eher zu. Es ist oft kalorienreicher, hat weniger Eiweiß und mehr Fett“, erklärt PD Dr. Walburga Dieterich, Leiterin des ernährungsmedizinischen Labors im Hector-Center. Durch die andere Zusammen- setzung bekommt glutenfreies Brot einen ver- besserten Geschmack und eine angenehmere Konsistenz. „Der Weizen in normalen Backwa- ren ist aber nicht per se schlecht, und gesunde Menschen können ihn bedenkenlos essen“, sagt Dr. Dieterich. „Besser als weißes, fein ge- mahlenes Mehl ist aber Vollkornmehl. Es ent- hält mehr Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe.“ Doch treten Lebensmittelunverträglichkeiten heute wirklich häufiger auf als früher oder wird das Problemmedial größer gemacht, als es ist? „Bei den Nahrungsmittelallergien beobachten wir tatsächlich einen Anstieg bei den Erwachse- nen“, sagt Prof. Zopf. „Auch Patienten mit Into- leranzen kommen vermehrt zu uns – das hängt aber auch damit zusammen, dass sie viel darü- ber lesen und früher zum Arzt gehen.“ fm Vorbilder vom Mittelmeer Prof. Dr. Yurdagül Zopf empfiehlt grundsätzlich eine mediterrane Ernährung mit viel frischem Gemüse, Voll- kornprodukten, Olivenöl und Fleisch nur in Maßen. Zu viel Zucker – z. B. (versteckter) Haushaltszucker, aber auch Fruktose – bekommt dem Darm nicht gut. Bei der Milch ist nach Ansicht der Ernährungsexpertin oft die Menge entscheidend: „Selbst Menschen mit einer Laktose- intoleranz können oftmals noch geringe Mengen an Milch konsumieren.“ 7

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