Gesundheit Bamberg - Sommer 2020

21 Gut beraten tritt, konsultieren die Betroffenen einen Fach- arzt nach dem anderen – eine Ursache wird je- doch nie gefunden. „Viele unserer Patienten haben eine wahre Odyssee hinter sich, wenn sie endlich zu uns überwiesen werden“, bedau- ert Holmer Graap. „Diese Menschen sind mas- siv verunsichert und fühlen sich unverstanden. Wir gewinnen erst einmal ihr Vertrauen zurück, indem wir ihnen bestätigen, dass ihre Sympto- me echt sind. Dass sie nicht verrückt sind.“ Auch Schönes stresst Der erste Schritt ist deshalb die Psychoeduka- tion, also die Schulung der Patienten. Sie müs- sen verstehen, was in ihrem Körper vorgeht und dass dies einen Sinn ergibt. Erst dann kön- nen sie gemeinsam mit dem Therapeuten auf die Suche nach den Ursachen gehen. Da Pa- nikattacken nicht zwingend in der Stresssitua- tion selbst auftreten, sondern manchmal auch zeitlich verzögert, tasten sich die Betroffenen Schritt für Schritt zurück: „Was habe ich (kurz) vor dem Anfall als belastend empfunden? Gab es Stressfaktoren?“ Dabei muss es sich nicht um negative Ereignisse wie eine Trennung oder eine Kündigung handeln – auch einschneiden- de positive Erlebnisse können Panikattacken auslösen: z. B. die Organisation der eigenen Hochzeit, auf die sich die Braut eigentlich un- bändig freut. Eine kognitive Verhaltenstherapie, ggf. ergänzt durch Medikamente, ist die Therapie der Wahl. „Panikattacken gehen häufig mit weiteren Krankheitsbildern einher, beispielsweise einer Depression, einer Agoraphobie oder einer so- zialen Phobie“, erklärt Dr. Graap. Aus Angst, wieder einen Anfall zu bekommen und die Kon- trolle zu verlieren, meiden Betroffene öffentli- che Plätze und soziale Kontakte; sie ziehen sich zurück. Die Dauer der Behandlung ist des- halb sehr individuell. Gemeinsam mit ihren Therapeuten erarbeiten die Patienten Verhal- tensweisen, die ihnen sowohl prophylaktisch als auch in der Akutsituation helfen, z. B. Acht- samkeits- und Atemübungen. „Im geschützten Rahmen der therapeutischen Sitzung können wir eine Panikattacke provozieren“, berichtet Holmer Graap. „Mit dem Therapeuten als Si- cherheitsanker an seiner Seite erlebt der Be- troffene dann, dass er die Situation selbst be- wältigen kann.“ bm Bei den meisten Menschen macht sich eine Panikattacke durch Herzklopfen und Atemnot bemerkbar. Die Symptomatik wird allerdings oft falsch interpretiert und eine körperliche Erkrankung vermutet.

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