Gesundheit Bamberg - Sommer 2020

Titel Keine kleinen Erwachsenen Arzneimittel. Wenn es um Medikamente geht, dürfen Kinder nicht wie kleine Erwachsene behandelt werden – sonst kann das ernste Folgen haben. Eine ganze Tablette ist zu viel, aber eine halbe kann nicht schaden . Prof. Dr. Antje Neubert von der Er- langer Kinder- und Jugendklinik rät Eltern, die so denken: „Kinder sollten nie einfach so Medikamen- te für Erwachsene bekommen, wenn im Beipack- zettel nicht steht, dass sie für Kinder geeignet sind. Sonst kann es zu Nebenwirkungen kommen – und die Mittel wirken gar nicht oder ganz anders als vorgesehen. Die Sicherheit ist dann nicht mehr gewährleistet.“ Aspirin kann für Heranwachsende sogar tödlich sein. Die meisten Medikamente werden nur an Erwachsenen getestet und für sie zugelassen, aber nicht für Kinder. „Das liegt unter anderem daran, dass der Markt für Kinderarznei- mittel klein ist, weil junge Menschen seltener krank Die Dosis einfach zu reduzieren, nützt nichts, denn Risiken und Nebenwir- kungen bleiben bestehen! sind“, erklärt Prof. Neubert. Einige Medikamente wurden vor Jahren unter anderen Standards auch für Kinder zugelassen – heute weiß man aber, dass die Mittel Schaden anrichten können. Dazu gehören das Magen-Darm-Medikament Vomex und abschwellende Nasentropfen. Letztere kön- nen das Nervensystem von Kleinkindern schädi- gen, bei Säuglingen wurden auch Todesfälle beobachtet. „Selbst bei größeren Kindern sollten El- tern vorsichtig sein. Es tritt schnell ein Gewöhnungseffekt ein und die Tropfen werden routi- nemäßig gegeben“, warnt Prof. Neubert. Ärztlich überwachte Ausnahme Im Rahmen der KiDSafe-Studie unter Leitung der Erlanger Kinderklinik untersuchen Antje Neubert und ihr Team seit 2016 die Arzneimitteltherapie- sicherheit für Kinder und Jugendliche. Die For- scher haben eine Datenbank aufgebaut, in der Kinderärzte und Apotheker sehen können, ob ein Medikament für Heranwachsende empfohlen wird. Antje Neubert erklärt: „Manchmal müssen wir Arzneien geben, die für Kinder nicht zugelas- sen sind, bei denen wir aber sicher wissen, dass sie helfen. Das nennen wir Off-Label-Use. In unse- rer Datenbank sehen Mediziner, bei welchem Mit- tel das für welche Erkrankung und welches Alter möglich ist und welche Warnhinweise es gibt.“ Lie- gen zu einem Medikament gar keine Studienda- ten für Kinder vor, darf es nicht verschrieben wer- den. Beobachten Ärzte neue Nebenwirkungen, müssen sie diese melden; die neuen Informatio- nen fließen in die Datenbank ein. Umfassende Er- gebnisse zur KiDSafe-Studie werden ab Ende 2020 erwartet. fm 30.000 Kinder kommen pro Jahr arzneimittelbedingt ins Krankenhaus, u. a. weil sie Medikamente nicht wie verordnet eingenommen haben (z. B. Antibiotika) oder weil sich das Kind selbst etwas aus dem Medizinschrank geholt hat. 8

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