Gesundheit Bamberg - Winter 2022/2023

| 39 Menschen ... EIN PATHOLOGE AM UNIKLINIKUM ERLANGEN? Verabschieden Sie sich von Ihren Vorstellungen aus dem Fernsehen – Pathologinnen und Pathologen sind nah dran an lebenden Patientinnen und Patienten und helfen sogar dabei, neue Krebstherapien zu entwickeln. VON ALESSA SAILER Um in das Pathologische Institut des Uniklinikums Erlangen zu gelangen, müssen wir nicht in einen dunklen Kellerraum hinabsteigen, in dem Körper aufgebahrt sind. Stattdessen befinden sich in dem denkmalgeschützten Gebäude helle Laborräume, wo Fachärztinnen und -ärzte mit Unterstützung von Medizinischtechnischen Laboratoriumsassistentinnen und -assistenten (MTLA) Gewebepräparate aufbereiten und diese dann unter dem Mikroskop beurteilen: Ist der Knoten in der Brust ein Tumor? Ist dieser Leberfleck bösartig? „Viele denken ja, Pathologen hätten nur mit Toten zu tun, dabei arbeiten wir zu 95 Prozent am lebenden Menschen. Die meisten kennen den Gerichtsmediziner aus dem Fernsehen und setzen seine Aufgaben fälschlicherweise mit denen eines Pathologen gleich“, sagt Prof. Dr. Arndt Hartmann, Direktor der Pathologie des Uniklinikums Erlangen. „In den USA ist es tatsächlich so, dass Pathologen als Rechtsmediziner tätig sein können. In Deutschland sind das allerdings zwei unterschiedliche fachärztliche Ausbildungen.“ Mindestens zwölf Semester Medizinstudium und sechs Jahre Facharztweiterbildung sind nötig, um Pathologin bzw. Pathologe zu werden. „Im Laufe der Weiterbildung müssen 15.000 Fälle aus allen Disziplinen bearbeitet werden, etwa aus der Urologie, der Gynäkologie und der internistischen Medizin“, erläutert Arndt Hartmann. „Nur so lernt man nach und nach, bestimmte Muster in der Gewebestruktur zu erkennen, die zum Beispiel für eine bestimmte Krebsart sprechen.“ Klinische Obduktionen führen Prof. Hartmann und sein Team dagegen nur vereinzelt und nach Rücksprache mit den Angehörigen durch, etwa wenn nach dem Versterben der Verlauf einer Krankheit verstanden werden soll. „Das ist besonders bei seltenen oder neu auftretenden Erkrankungen wichtig. So auch in der Pandemie: Bei CoronaInfizierten waren Obduktionen essenziell, um zum Beispiel darzulegen, dass COVID-19 auch die Gefäße zerstört“, so der Pathologe. Mustererkennung Dass Medizinstudierende von Anfang an die Pathologie anstreben, ist eher ungewöhnlich. Prof. Hartmann selbst wollte ursprünglich Onkologe werden: „Bei mir war es wie bei vielen Pathologen: Für meine Doktorarbeit kam ich mit dem Fach intensiver in Berührung und merkte, wie spannend dieser Bereich ist. Täglich etwas zu sehen, was man zuvor noch nie gesehen hat – das hat mich fasziniert.“ Diese Neugier, Fleiß und Gewissenhaftigkeit sind die wichtigsten Voraussetzungen für den Beruf. Das Hauptarbeitsmittel in der Pathologie ist das Mikroskop – noch. „Bereits in wenigen Jahren könnte es so weit sein, dass wir die Gewebeproben nicht mehr analog unter das Mikroskop legen, sondern dass sie direkt eingescannt und digital am Computer betrachtet werden“, so Arndt Hartmann. Aktuell ist die Datenmenge aber noch zu gewaltig: Vier Gigabyte Speicherplatz benötigt eine Probe derzeit, jährlich gehen in der Erlanger Pathologie aber knapp 300.000 davon ein. Künstliche Intelligenz wird teilweise schon heute eingesetzt, „um uns bei der Diagnostik zu unterstützen und sie zu beschleunigen. Ähnlich wie in der Radiologie kann uns ein Algorithmus dabei → 3 – 4 Mikrometer ... dünn ist eine Gewebeprobe, wenn sie unter das Mikroskop kommt. Ein Mikrometer entspricht 0,001 Millimetern.

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