Gesundheit erlangen - Winter 2020/2021

29 Porträt erkrankung Morbus Crohn, unter der sie schon seit ihrer Kindheit litt, sprach dagegen. „Ich hatte drei Möglichkeiten. Erstens: Ich mache nichts und sterbe. Option 2: Das Mittel wirkt nicht und ich sterbe. Option 3: Die Therapie schlägt an und ich bekomme noch etwas Zeit.“ Susanna Zsoter entschied sich schließlich dafür, am Uni-Klini- kum Erlangen mit der experi- mentellen Immuntherapie zu beginnen. Sie beschloss: „Ster- ben ist nicht mein Lifestyle.“ Von nun an teilte sie ihr Wis- sen, ihre Erfahrungen, Gedanken, Ängste und Hoffnungen als „Krebskriegerin“ auf ihrem gleichnamigen Facebook-Profil. Sie wirkte mit an „Cancer Unites“ – einem On- line-Netzwerk von und für Krebspatienten. Ak- tuell entwickelt sie mit den Erlanger Health Ha- ckers eine App für Krebskranke, sie bloggt und hält Vorträge. Im Frühjahr 2020 bekam Susan- na Zsoter den „Ehrenfelix" der Felix-Burda-Stif- tung. Der Preis zeichnet Darmkrebspatienten aus, die sich trotz ihrer Krankheit für andere engagieren und Mut machen. „Mit dieser Dia- gnose in diesem Alter bin ich eine Exotin“, weiß Susanna Zsoter. „Ich will andere von meinen Erfahrungen profitieren lassen.“ Ein Konto voller Erlebnisse Susanna Zsoter hat ihr Schicksal angenom- men. „Nur weil ich Krebs habe, muss ich mich nicht hinlegen und auf den Tod warten. Mein Leben hat trotzdem so viel Schönes.“ Nach der Diagnose 2015 sah sie sich ihre „Bucket List“ an – die Dinge, die sie irgendwann in ihrem Le- ben einmal machen wollte. Da standen Sachen wie „nach Indonesien reisen“ oder „ein Faultier streicheln“. Die junge Krebspatientin stellte fest: Sie hatte alles immer auf später verscho- ben! „Ich habe früher viel Wert darauf gelegt, so zu leben, wie es gesellschaftlich erwartet wird: viel zu arbeiten, Karriere zu machen. Das hat sich durch die Krankheit geändert“, sagt Susanna Zsoter heute. „Ich möchte nicht die reichste Frau auf dem Friedhof sein. Ich möch- te kein Konto voller Geld, son- dern eines voller Erinnerun- gen.“ Und so brach sie 2017 für vier Wochen nach Indone- sien auf – lediglich ein halbes Jahr nach dem Start der Im- muntherapie. Im Jahr darauf lief sie 250 Kilometer auf dem Jakobsweg. „Davor war ich nie wirklich weit gewan- dert“, lacht die 33-Jährige. „Das war schon schwer für meine Familie. Die musste auch erst mal lernen, meine Entscheidungen zu ak- zeptieren.“ Seit der Diagnose sind nun fünf Jahre vergan- gen. Susanna Zsoter bekommt weiterhin alle 14 Tage ihre Infusionen. Mittlerweile konnte sie viele Erlebnisse auf ihrer To-do-Liste abhaken. Sie hat mit dem Bouldern angefangen und kann sich ein Leben ohne Sport nicht mehr vorstellen. „Früher habe ich mich nicht groß dafür interes- siert. Aber Bewegung und gesunde Ernäh- rung sind bei Darmkrebs ganz entscheidend, also lebe ich entsprechend“, sagt sie. Corona: Psyche auf der Probe Die vergangenen Monate waren herausfor- dernd, vor allem mental. Corona brachte die Schwermut und die Hilflosigkeit zurück, unter der Susanna Zsoter nach Ausbruch ihrer Krankheit schon einmal sehr gelitten hatte. „Ich war damals zu schwach, um das Haus → „Wenn mein ganzes Glück davon abhängt, ob der Krebs weggeht oder nicht, kann ich im Hier und Jetzt nicht glücklich sein.“ „Ich will nicht die reichste Frau auf dem Friedhof sein.“

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