Gesundheit erlangen - Winter 2020/2021

35 Medizin-Report Dr. Karl-Heinz Lechner gab seine Erfahrungen seiner Nachfolgerin mit auf den Weg: Seit Oktober 2020 betreut Christine Loibl den Bereich in der Zahnärztlichen Prothetik des Uni-Klinikums Erlangen, nachdem Dr. Lechner nach insgesamt 38 Dienstjahren in den Ruhestand gegangen ist. „Für CMD-Patienten braucht ein Zahnarzt Zeit.“ Dr. Karl-Heinz Lechner Sensible Behandlung Mehrere Jahre lang haben die beiden Zahnärzte die CMD-Patienten in der Zahnärztlichen Prothetik des Uni-Klinikums Erlangen gemeinsam behan- delt. Jetzt übergab Dr. Lechner den Bereich, den er 36 Jahre lang geführt hat, an seine junge Kollegin. Sie setzt den interdisziplinären Behandlungsan- satz fort. Als Heilmittel erster Wahl für CMD-Patienten gilt die Aufbissschiene, weil mit dieser keine direkten Ein- griffe in das Kauorgan vorgenom- men werden. Christine Loibl: „Zahnärzte vermeiden bei der Behandlung von CMD irreversible Behandlungsmaßnahmen, etwa das Schleifen oder Entfernen von scheinbar schmerzverursachenden Zähnen.“ Für die weitere Therapie suchte Karl-Heinz Lechner bereits vor 25 Jahren den Kontakt zu Physiotherapeuten und Os- teopathen, um CMD-Patienten nachhaltig helfen zu können, denn: „CMD ist ein multikausales Gesche- hen und wir können es nur mit der Unterstützung von Kollegen anderer Fachbereiche therapieren.“ Verspannungen ertasten Zahnärztin Christine Loibl hat sich wie ihr Vorgänger physiotherapeutische Fachkenntnisse angeeignet, um Verspannungen der Kiefer- und Nackenmusku- latur mit den Händen ertasten zu können: „Ich fühle die Verhärtungen in den Muskeln und achte dabei vor allem auf die Mimik meiner Patienten. Viele Menschen sind geübt darin, sich ihre Schmerzen nicht anmerken zu lassen.“ Auch Christine Loibl steht bei den CMD-Therapien in engem Kontakt mit Physiotherapeuten, mit denen sie auch einzelne Fälle bespricht. Ergänzend zu Auf- bissschiene und Physiotherapie wird CMD in der Zahnärztlichen Prothetik des Uni-Klinikums Erlan- gen auch mit Akupunktur oder Hypnose behandelt, sofern nötig. Entscheidend sei- en aber die ausgiebige Untersuchung und die Auf- klärung der Betroffenen, betont Karl-Heinz Lech- ner: „Für CMD-Patienten braucht ein Zahnarzt Zeit, weil gemeinsam betrachtet werden muss, was die schmerzauslösenden Lebensumstände sein kön- nen. Diese sollen die Patienten – parallel zur Be- handlung – verändern. CMD ist eine Zivilisations- krankheit und eng mit unserer modernen Lebens- wirklichkeit verbunden.“ kb Obwohl die CMD-Beschwerden eng mit unserer heutigen Lebenswirklichkeit verknüpft sind, entdeckte der US-amerikanische HNO-Arzt James B. Costen bereits in den 1930er-Jahren das damals nach ihm benannte „Costen-Syn- drom“: durch Biss- und Kaufunktionsstörungen ausgelöste Schmerzen und Veränderungen im Kiefergelenk. Der veraltete Begriff wurde inzwi- schen durch die Bezeichnung CMD ersetzt. Schon damals wurde den Betroffenen die interdisziplinäre Behandlung durch speziali- sierte Zahn- oder HNO-Ärzte unter Einbezie- hung weiterer Fachärzte empfohlen.

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