Gesundheit erlangen - Sommer 2022

… die Augenärztin und Molekularmedizinerin PD Dr. Dr. Bettina Hohberger, die am Uni-Klinikum Erlangen untersucht, ob das noch nicht zugelassene Medikament BC 007 neben Long-COVID-Betroffenen auch ME/CFS-Erkrankten helfen kann. Warum setzen auch ME/CFS-Erkrankte so große Hoffnungen auf BC 007? BC 007 hat in individuellen Heilversuchen LongCOVID-Betroffenen geholfen, deren Beeinträchtigungen autoimmunologisch begründet waren. Bisher sind die Ursachen von ME/CFS nicht erforscht, die Symptome ähneln denen von Long COVID jedoch sehr. Eine Annahme ist, dass bei ME/CFS das Immunsystem derart heftig aktiviert wird – durch eine Infektion, Medikamente oder einen Tumor –, dass die körpereigenen Antikörper sich gegen den eigenen Organismus richten. ME/CFS-Erkrankte haben eine Crowdfunding-Aktion für die Erlanger Studie „unCOVer“ initiiert. Wann beginnen Sie? Eine derartige Studie kostet mindestens 800.000 Euro. Darin sind aber weder die Kosten für stationäre Aufenthalte der Teilnehmenden eingerechnet noch langfristige Kontrollen nach der Gabe von BC 007. Wir planen die ME/CFS-Studie im Anschluss an unsere Long-COVID-Studie. Im Idealfall kann das Ende 2022 sein. Bis dahin ist das Long-COVID-Projekt abgeschlossen und wir können auf seinen Erkenntnissen aufbauen. Warum ist ME/CFS auch 60 Jahre nach ihrer Entdeckung noch ein medizinisches Rätsel? ME/CFS wird als Ausschlussdiagnose festgestellt: Es gibt kein Diagnostikum, keine spezifischen Biomarker und keine kausale Therapie. Wichtig ist, dass ME/CFS jetzt Thema ist und sich medizinische Kompetenz vernetzt. Wir sind unter anderem im Austausch mit Prof. Dr. Carmen Scheibenbogen und Prof. Dr. Uta Behrends. Zudem freuen wir uns sehr, dass Prof. Dr. Thomas Harrer, ein langjähriger Spezialist für ME/CFS, unsere Projekte unterstützt. Drei Fragen an… Fortsetzung von S. 33 Etwa darauf, beim Abendessen ohne Gehörschutz für einige Minuten mit ihren Kindern am Tisch sitzen zu können. Eine Stunde in aufrechter Position ist Ute Meck am Tag möglich, die übrige Zeit verbringt sie weitgehend liegend, um die Schmerzen im Zaum zu halten und keine Post-Exertional Malaise zu riskieren. Die bei ME/CFS-Erkrankten typische Zustandsverschlechterung kann durch geringste Belastungen ausgelöst werden. Ute Meck: „Wie ein Tier im Käfig habe ich einen solchen Drang zu leben, mich zu bewegen und andere Menschen zu treffen, aber ich muss mich permanent bremsen, denn oft ist bei ME/CFS eine solche Zustandsverschlechterung irreversibel.“ Das Leben der 42-Jährigen findet im Bett oder auf dem schwarzen Ledersofa imWohnzimmer statt. Kissen und Decke, Gehörschutz, Schirmmütze und die dicke Augenmaske sind ihre Alltagsutensilien. „Ich habe viel Glück“, wiederholt sie: „Wir hatten unsere Existenz bereits abgesichert, als ich zum Totalausfall wurde. Ich kann kein Essen mehr kochen, aber wir können uns Hilfen für den Alltag leisten und Therapien suchen, die mir vielleicht nützen.“ Autodidaktin für ME/CFS Wie viele ME/CFS-Betroffene versucht Ute Meck, sich selbst zu helfen und hat dabei seit 2020 Unterstützung durch einen Arzt für Integrative Medizin in Hessen. „Er hat Ideen, kombiniert Ansatzpunkte, erwägt auch meine eigenen Vorschläge. Und vor allem: Er gibt nicht auf“, lobt sie. Der Mediziner stellte bei Ute Meck Störungen des Immunsystems fest, zum Beispiel diverse Autoantikörper. Ein Lymphozytentransformationstest ergab zudem mehrere aktive Infektionen, u. a. immer noch mit dem Epstein-Barr-Virus. Anfang 2022 folgte ein Versuch mit Plasmapheresen: „Das sind Blutwäschen, die auch Autoantikörper aus dem Blut entfernen“, erklärt die 42-Jährige. „Diese Behandlung scheint bei mir zu wirken, ist aber teuer und wird von den Krankenkassen nicht bezahlt. Deshalb engagiert sich meine ganze Familie dafür, dass geforscht wird und es Hoffnung für Betroffene nicht nur auf eigene Rechnung gibt.“ 34 | Menschen

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