Gesundheit erlangen - Sommer 2022

| 49 Kürzlich erzählte mir ein Bekannter, dass einer seiner Freunde nervlich völlig am Ende sei: Erst habe der Freund große Angst vor Corona entwickelt, sich und seine Familie im neu gebauten Haus zwei Jahre lang völlig isoliert. Dann begann der Krieg gegen die Ukraine, und der junge Vater stand manchmal einfach weinend in der Küche. Phasen der Unsicherheit und der Zukunftsangst kennen wir alle. Doch was hilft, wenn uns beängstigende Gedanken komplett vereinnahmen, uns Zuversicht und Lebensfreude rauben? Prof. Dr. Johannes Kornhuber, Direktor der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik des Uni-Klinikums Erlangen, gibt Antworten. Herr Prof. Kornhuber, erleben Sie, dass sich Ihre Patientinnen und Patienten oder Menschen in Ihrem Umfeld angesichts der Nachrichtenlage immer mehr Sorgen machen? Prof. Kornhuber: Ja, auf jeden Fall. Erst war es die Coronapandemie, die die Menschen belastet hat – das Homeoffice, vielleicht die beengte Wohnsituation, familiäre Konflikte, das Wegfallen von Sport, Reisen, Treffen mit Freundinnen und Freunden und anderen positiven Ressourcen. Dann kam der Ukrainekrieg als Belastungsfaktor dazu. Überrascht Sie dieser besorgte Blick? Prof. Kornhuber: Ich finde es erstaunlich, dass der Mensch als sogenannte Krone der Schöpfung, als Kopfsache SCHLECHTE NACHRICHTEN Das Konsumieren von Schreckensmeldungen kann zur Sucht werden, das Kreisen angstvoller Gedanken endlos. Doch es gibt Methoden, die eigene Stimmung wieder aufzuhellen. VON FRANZISKA MÄNNEL Prof. Dr. Johannes Kornhuber forscht unter anderem zu Depressionen und Angststörungen. Seine alltäglichen Gedanken schreibt er regelmäßig in einem Notizbuch nieder. kognitiv hoch entwickeltes Wesen offensichtlich sehr weit von rationalem Denken entfernt ist und gravierende Denkfehler macht. Wie meinen Sie das? Prof. Kornhuber: Wenn ich die Menschen frage, wie sie die Welt sehen, sagen die meisten: Es wird alles immer schlechter! Es gibt Terror, Krieg, Pandemien, zu wenig Frauenrechte. Die Realität ist aber eine andere. Historisch und global betrachtet gibt es heute weniger Kriege und Terror, we- niger Kindersterblichkeit, Armut und Hunger. Wohlstand und Bildung sind gestiegen. Da frage ich mich: Warum ist das im Bewusstsein der Menschen nicht verankert? → Wenn ich die Menschen frage, wie sie die We lt sehen, sagen die meisten: Es wird al les immer schlechter! Die Real i tät ist aber eine andere. Prof. Dr. Johannes Kornhuber

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