Gesundheit erlangen - Herbst 2022

| 11 Titel die halbe Weltbevölkerung betroffen. „Das liegt aber vor allem daran, dass die Menschen immer älter werden“, erklärt Kerstin Galler. „Die Kurve der Erkrankungsfälle steigt mit dem Alter an. Drei Viertel der Über-65-Jährigen haben eine behandlungsbedürftige Parodontitis.“ In schlechter Gesellschaft Die Zahnbettentzündung tritt oft gemeinsam mit anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen auf, bei denen die Immunantwort gestört ist – zum Beispiel bei Darmerkrankungen und rheumatoider Arthritis. Auch bei Diabetes gibt es Wechselwirkungen: Wer zuckerkrank ist, hat ein dreimal höheres Risiko, Parodontitis zu entwickeln. Andersherum beeinflusst die Mundgesundheit den Diabetes: Wird die Parodontitis behandelt, sinkt in der Regel auch der Langzeitblutzuckerwert. Ebenso steigt durch die Zahnbettentzündung das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Besonders gefährdet ist außerdem das Zahnfleisch von Raucherinnen und Rauchern“, warnt Prof. Galler. „Deshalb ist die Rauchentwöhnung ein essenzieller Schritt in der Parodontitisprävention und -behandlung.“ In der Diagnostik folgen Zahnärztinnen wie Prof. Galler einem festen Schema: Zunächst werden die Zähne professionell gereinigt (s. S. 13). „Erst danach können wir die Lage im Mund objektiv beurteilen“, erklärt die Klinikdirektorin. Ein bis zwei Wochen später, wenn die Zahnhälse nicht mehr so empfindlich sind, untersucht sie das gesamte Gebiss auf Zahnfleischtaschen, Zahnfleischrückgang, Zahnstein, lockere Zähne und freiliegende Wurzeln. Dazu nutzt sie eine dünne Sonde mit abgerundeter Spitze und millimetergenauer Messskala, mit der sie die Taschentiefe bestimmt: Ab vier Millimetern besteht Parodontitisverdacht. Zum Schluss wird noch ein Röntgenbild des Kiefers gemacht, anhand dessen sich der Zustand des Knochens beurteilen lässt. Diese strukturierte Erfassung nennt sich Parodontaler Screening Index – PSI. Auf diesen haben alle gesetzlich Versicherten alle zwei Jahre Anspruch. A und O: Mundhygiene Die Therapie orientiert sich dann am Schweregrad der Parodontitis. „Freiliegende Wurzeloberflächen säubern Zahnklinik 1 des Uniklinikums Erlangen Allgemeinsprechstunde Telefon: 09131 85-33632 www.zahnerhaltung.uk-erlangen.de Wie Sie vorbeugen ■ zweimal täglich: ▪ Zähne putzen, je zwei bis drei Minuten ▪ Zahnseide/Interdentalbürstchen verwenden ■ ein-/zweimal jährlich: professionelle Zahnreinigung ■ einmal jährlich: zahnärztlicher Kontrolltermin ■ gesunde Ernährung: wenig Zucker, viel frisches Gemüse und Obst ■ nicht rauchen wir mit Hand- und Ultraschallinstrumenten und manchmal mit einem Pulverstrahl“, erklärt Prof. Galler. „Antibiotika gegen die Bakterien setzen wir nur äußerst selten ein, weil wir Nebenwirkungen und Resistenzbildungen vermeiden wollen.Mit sehr guter Mundhygiene ist meist schon viel gewonnen.“ Deshalb leitet das Erlanger Team alle Patientinnen und Patienten darin an, ihre Zahnoberflächen und -zwischenräume akribisch zu säubern. Nur selten müssen Knochen und Gewebe um einen bereits gelockerten Zahn mit Ersatzmaterialien rekonstruiert oder gar Zähne entfernt werden. „Wir wollen einen Zahn immer so lange wie möglich erhalten“, betont Kerstin Galler. „Wenn er voreilig gezogen und ein Implantat in ohnehin entzündetes Gewebe gesetzt wird, kommen wir schnell von der Parodontitis zur Periimplantitis – einer Entzündung rund umdas Implantat. Diese Situation ist dann noch schwerer beherrschbar.“ Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, sollten ein paar einfache Grundregeln beachtet werden (s. Kasten).

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