Gesundheit erlangen - Herbst 2022

| 19 Reportage Schritte. „Der Patient hat von uns Schmerzmittel bekommen, ein Antibiotikum, um das Infektionsrisiko zu senken, lokale Betäubung und das Narkosemittel Propofol“, erklärt Uyen Höh. Nach etwa einer halben Stunde ist der „Defi“ unter der Haut. „Jetzt simulieren wir eine Herzrhythmusstörung“, sagt Lars Anneken, „und prüfen, ob das Gerät tut, was es soll.“ Ein externer Support-Techniker steht am Programmiersystem für den S-ICD. Er gibt das Zeichen: „Achtung, ich induziere Kammerflimmern.“ Doch auch nach mehreren Versuchen lässt sich bei dem jungen Mann keine Rhythmusstörung provozieren. „Dann lösen wir jetzt einen Schock aus“, entscheidet Dr. Anneken. Der Techniker drückt auf den Knopf, setzt das Herz unter Strom. Er meldet: „Die Messwerte sind gut, das Maximum an Energie kommt an.“ Der Defi arbeitet und kann bei Arhythmie oder Herzstillstand den Herzschlag wieder aktivieren oder normalisieren. Nachdem die Schnitte vernäht sind, wird der Patient in den abgedunkelten Aufwachbereich geschoben. In der nächsten Stunde ertönt an seinem Bettplatz mehrmals ein Alarm. Uyen Höh beruhigt: „77 zu 45 – der Blutdruck ist niedrig, aber für ihn noch akzeptabel“, sagt sie, während sie die Elektroden auf der Brust des 26-Jährigen überprüft. Er hat den Kopf zur Seite gedreht und schläft. Nun ist es wieder ruhig um ihn herum. → Fortsetzung von S. 17 Jetzt wartet eine unangenehme Aufgabe auf den Chef: Vier Patientinnen und Patienten sollten heute per Katheter neue Aortenklappen bekommen. Weil aber momentan viel Anästhesieper- sonal coronabedingt ausfällt, können zwei der vier terminierten „TAVIs“ (Transcatheter Aortic Valve Implantation) heute nicht stattfinden. „Die schlechte Nachricht muss ich jetzt den Patientinnen überbringen“, sagt Prof. Achenbach mitfühlend und etwas niedergeschlagen. „Sie haben teilweise sechs Monate auf diesen Termin gewartet, sind aufgeregt und wollen es hinter sich bringen.“ Später wird der Klinikdirektor berichten, dass eine der beiden Über-80-Jährigen in Tränen ausbrach, als sie von der Verschiebung erfuhr. Fall 2: Defibrillator mit 26 Währenddessen nebenan, im zweiten von drei Eingriffsräumen: Einem schwer kranken 26-Jährigen wird ein S-ICD eingesetzt – ein subkutan implantierbarer Kardioverter-Defibrillator. Oberarzt Dr. Lars Anneken erklärt: „Der Patient leidet an einer seltenen Störung der Blutbildung. Dadurch ist er seit seiner Geburt auf Bluttransfusionen angewiesen. Sein Körper ist deshalb übervoll mit Eisen. Leber und Herz sind vergrößert, und er hat Herzrhythmusstörungen. Eines Tages könnten die tödlich sein.“ Der acht Zentimeter große Defibrillator, den Dr. Anneken und Dr. Thomas Weißfloch gleich einsetzen, soll künftig jedes Mal elektrische Impulse abgeben, wenn das Herz aus dem Takt gerät. Die Kardiologen setzen zwei kleine Schnitte: Den Impulsgeber des Defibrillators implantieren sie seitlich in die linke Brust, seine Elektrode parallel zum Brustbein. „Bei diesem Gerät bleiben das Herz und seine Gefäße unberührt. So ist der Patient besser vor Komplikationen und Infektionen geschützt“, erklärt Dr. Anneken. Uyen Höh, leitende Medizinische Fachangestellte (MFA), und ihre Kolleginnen reichen den Ärzten während des Eingriffs Instrumente wie Skalpell und Schere, überwachen Blutdruck und Sauerstoffsättigung des Patienten und dokumentieren die OP- Die häufigsten Eingriffe im Erlanger Herzkatheterlabor ■ Diagnostik an Herz und umliegenden Gefäßen ■ Aufdehnung verengter oder verschlossener Herzkranzgefäße, etwa bei koronarer Herzkrankheit oder Herzinfarkt ■ Eingriffe an verengten oder undichten Herzklappen ■ Korrektur von Herzrhythmusstörungen mit Herzschrittmachern, Defibrillatoren oder Ablationen (Verödung von Gewebe)

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