Gesundheit erlangen - Frühling 2023

Frau Dr. Antoniadis, wie viele Frauen haben eigentlich kurz vor Eintreten ihrer Periode körperliche oder seelische Beschwerden? Ich würde sagen, etwa die Hälfte der Frauen bemerkt die Hormonschwankung innerhalb ihres Zyklus und nimmt kurz vor der Monatsblutung z. B. Spannungsgefühle in der Brust, Bauchkrämpfe, Gewichtszunahme, unreine Haut, Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Kreislaufprobleme wahr. Für viele gehören diese Beschwerden zur Periode dazu und sie würden sie nicht gleich dem prämenstruellen Syndrom (PMS) zuordnen. Von PMS sprechen wir, wenn die Frauen aufgrund der Symptome in ihrem Leben eingeschränkt sind, zum Beispiel regelmäßig Schmerztabletten nehmen oder sich krankmelden müssen. Was unterscheidet PMS von der prämenstruellen dysphorischen Störung, also PMDS? Bei PMDS kommt zu den körperlichen Beschwerden eine psychische Komponente. Das können zum Beispiel Schlafstörungen, Niedergeschlagen- heit, Angstzustände, Konzentrationsschwierigkeiten oder depressive Verstimmungen sein, aber auch Wutausbrüche oder eine Kombination daraus. Heißt das, wer vor der Periode gereizt ist, hat PMDS? Nein, nur etwa zwei bis acht Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter sind vom PMDS betroffen. Die Symptome sind bei PMDS-Betroffenen deutlich stärker ausgeprägt als bei anderen Frauen vor der Periode. Oft fühlen sich die Patientinnen von ihren Gefühlen übermannt, so als könnten sie sich selbst nicht mehr kontrollieren. Das ist keine bloße Gereiztheit mehr, wie sie viele von den Tagen vor der Periode kennen. Woher wissen Ärztinnen und Ärzte, dass betroffene Frauen an PMDS leiden und nicht an einer psychischen Erkrankung wie einer Depression oder einer Angststörung? Gynäkologinnen und Gynäkologen arbeiten bei der Anamnese mit Fragebögen und – ganz wichtig – mit einem Zyklustagebuch. Die Frauen sollen dort eintragen, an welchen Tagen sie bestimmte Beschwerden haben und in welcher Intensität. Anhand dessen lässt sich deutlich ablesen, ob sie regelmäßig zum Ende des Zyklus auftreten oder über den ganzen Monat hinweg. Bei PMDS treten die Beschwerden ausschließlich einige Tage vor der Blutung auf und verschwinden mit Einsetzen der Menstruation. Das bedeutet, PMDS wird anhand von Angaben diagnostiziert, die die betroffene Frau macht? Genau, die Diagnose wird nicht anhand von Blutwerten oder Ähnlichem gestellt. Ist der Zyklus nicht regelmäßig, ist zusätzlich eine Hormonbasisanalyse empfehlenswert. Was sind die Ursachen von PMDS? Ähnlich wie bei PMS wird vermutet, dass eine Dysbalance zwischen den Hormonen im zentralen Nervensystem und den Sexualhormonen den Stimmungsumschwung auslöst. Weil Frauen mit PMDS eine höhere Hormonsensitivität aufweisen, reagieren sie stärker auf das HormonungleichgeWei l Frauen mit PMDS eine höhere Hormonsensitivität aufweisen, reagieren sie stärker auf das Hormonungleichgewicht als andere. Dr. Sophia Antoniadis Dr. Sophia Antoniadis ist Oberärztin an der Frauenklinik des Uniklinikums Erlangen und Koordinatorin des hiesigen Endometriosezentrums. 28 | Medizin

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