Gesundheit erlangen - Frühling 2023

Da steckt’s drin Was für manche an Selbstgeißelung grenzt, ist für andere ein unverzichtbarer Kick: Schärfe im Essen. Bekanntermaßen haben es vor allem Chilischoten in sich. Der für die Schärfe verantwortliche Stoff Capsaicin stammt aus der Plazenta der Chilis – dem weißlichen bis hellorangen Teil im Inneren der Frucht, an dem die Kerne wachsen. Anders als die Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter und umami nehmen wir Capsaicin aber nicht über unsere Geschmacks-, sondern über unsere Schmerzrezeptoren wahr. Paradox ist, dass Schärfe Schmerz zugleich auslösen und lindern kann. Das Prinzip dahinter Was da genau in unserem Körper passiert, untersuchte der US-amerikanische Physiologe David Julius, der für die Entdeckung der Temperaturrezeptoren 2021 den Medizin-Nobelpreis erhielt. Demnach entsteht Schmerz, wenn Capsaicin Nerven reizt, die Wärmeimpulse leiten. Werden die Rezeptoren durch Capsaicin nun so lange getriggert, bis alle Botenstoffe ausgeschüttet sind, die das Schmerzsignal ans Gehirn weitergeben, tritt ein Betäubungseffekt ein. Der Schmerz verschwindet, die Wärme bleibt. Im Körper Schmerzlindernd, antibakteriell, pilzabtötend – Capsaicin werden eine ganze Reihe positiver Eigenschaften zugesprochen. Wer gern scharf isst, bringt tatsächlich seinen Kreislauf und seine Verdauung in Schwung. Denn Capsaicin regt die Magensaftproduktion an, wodurch fettreiches Essen leichter verdaulich wird. Weil scharfes Essen auch die Schleimhäute durchblutet, hilft es bei Erkältungen: Die Nase wird frei und der Schleim auf den Bronchien lässt sich besser abhusten. Aber Achtung: Zu viel des Guten kann auch unangenehme Nebenwirkungen haben, wie Sodbrennen, Durchfall oder gereizte Schleimhäute. Auf der Haut Weil Capsaicin bei medizinischer Anwendung Schmerzen lindert und Wärme erzeugt, findet es häufig Verwendung in Salben und Wärmepflastern. Diese sind vor allem bei Muskelschmerzen und -verspannungen wohltuend. Auch bei Gelenkschmerzen und rheumatischen Beschwerden haben sie sich bewährt. Wer Wärmepflaster anwendet, sollte die Haut aber anschließend gut pflegen, weil sie durch das Capsaicin lokal gereizt sein kann. Schön scharf MITTEL DER WAHL Jetzt wird es feurig! Mit dem Wirkstoff Capsaicin heizen wir unserem Körper richtig ein und bekämpfen Schmerzen. VON LUISE LAUFER Schon gewusst? Jeder Mensch besitzt eine andere Capsaicin-Toleranz, und durch eine ständige Aufnahme des Schärfestoffs wird die Toleranzschwelle heraufgesetzt. Um den Schmerz zu lindern, der durch die Schärfe im Mund entsteht, schüttet der Körper übrigens stimmungsaufhellende Endorphine aus. Scharf macht also glücklich! 32 | Medizin

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