Gesundheit erlangen - Winter 2023/24

| 31 Sprechstunde Wie funktioniert ein Training im Einklang mit dem Zyklus? Dr. Fraunberger: Je nach Zyklusphase werden Trainingsreize vom Körper unterschiedlich verarbeitet. Um das Training optimal gestalten zu können, ist es für Frauen wichtig zu wissen, in welcher Hormonlage sie gerade sind. Nach der Menstruation folgt die Follikelphase, in der der Östrogenspiegel ansteigt. Östrogene fördern den Muskelaufbau und erhöhen die Verfügbarkeit von Serotonin, dem „Gute-Laune-Hormon“. Zudem vermindern sie den Knochenabbau und verbessern den Aufbau der für Sehnen und Bänder wichtigen Kollagenfasern. Deshalb ist diese Phase – zwischen dem Ende der Blutung und dem Eisprung in der Zyklusmitte – besonders für intensives Training geeignet. Mit dem Eisprung erreicht der Östrogenspiegel seinen Höchststand. Die meisten Frauen fühlen sich dann am leistungsstärksten. Nach dem Eisprung in der zweiten Zyklushälfte sinken die Östrogene leicht, dafür steigt das Progesteron kontinuierlich an. Dieses Hormon wirkt stabilisierend im Gewebe, erhöht die Spannung und wirkt beruhigend auf das Nervensystem. In dieser Phase sollte statt auf ein aufbauendes eher auf ein erhaltendes Training gesetzt werden. Das heißt, der Fokus liegt auf Ausdauer. Welche Vorteile bietet zyklusbasiertes Training für die Gesundheit von Frauen? Dr. Fraunberger: In erster Linie verbessert es die Trainingssteuerung, wodurch sich Verletzungen und Überlastungen vermeiden lassen. Außerdem kann diese Art des Trainings Stress reduzieren und für mehr Wohlbefinden sorgen. Wie können Frauen den eigenen Zyklus am besten verfolgen und herausfinden, in welcher Phase sie sich gerade befinden? Prof. Oppelt: Nützlich sind Zyklus-Apps, die den weiblichen Zyklus „tracken“, verschiedenste Parameter aufzeichnen und die fruchtbaren Tage – das ist die leistungsstarke Zeit um den Eisprung herum – anhand von Durchschnittsdaten früherer Zykluslängen und Temperaturanstiegen vorhersagen. Welche Ernährungsaspekte sollten Frauen beachten, um optimale Ergebnisse zu erzielen? Dr. Fraunberger: In der ersten Zyklushälfte sind pro Tag vor allem 1,5 bis 1,7 Gramm Protein je Kilogramm Körpergewicht für das Muskelwachstum wichtig. Mindestens 20 Gramm Protein sollten Frauen schon in den ersten 30 Minuten nach dem Training zu sich nehmen. In der zweiten Zyklushälfte sollten Frauen aufgrund des eher ausdauerbetonten Trainings auf eine ausreichende Kohlenhydratzufuhr achten, das heißt mindestens 60 Gramm pro Stunde. Was ist mit Sport während der Menstruation? Dr. Fraunberger: Während der Menstruation sind leichte Aktivitäten und regeneratives Training sinnvoll, da Sport die Durchblutung anregt und bei der Muskelentspannung helfen kann. Meine Devise lautet aber grundsätzlich, auf den eigenen Körper zu hören und nur das zu machen, was guttut. Das zyklusorientierte Training zielt ja nicht nur darauf ab, die Leistung zu optimieren. Es geht auch darum, seinen Körper besser kennenzulernen und nachvollziehen zu können, warum Fitnessziele an manchen Tagen schwieriger zu erreichen sind als an anderen. Ist zyklusorientiertes Training auch mit hormoneller Verhütung umsetzbar? Prof. Oppelt: Nicht mit Verhütungsmitteln wie der Pille, dem Hormonring oder dem Verhütungspflaster. Da diese den Eisprung unterdrücken und somit kein normaler Zyklus stattfindet, ist das Training nach Zyklus nicht möglich. Alternativen sind die Kupfer- und die Gestagenspirale, die den Zyklus nicht unterdrücken und somit sowohl sichere Verhütung als auch zyklusbasiertes Trainieren ermöglichen. Gestagenhaltige Spiralen bieten zudem den Vorteil, dass sie starke Regelschmerzen verringern und auch die Blutungen kürzer und schwächer werden lassen, sodass die Follikelphase länger wird und entsprechend mehr effektives, progressives Training möglich ist. →

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