Gesundheit erlangen - Frühling 2024

12 |Titel Hirntumoren leuchten rot-violett Eine Methode, die der neue Klinikdirektor in Erlangen eingeführt hat, ist die 5-ALA-Fluoreszenz- Mikroskopie. Ein vor dem Eingriff getrunkenes Medikament reichert sich dabei in Krebszellen an und lässt sie unter dem OP-Mikroskop rot-violett leuchten. So sind sie besser sichtbar und von gesundem Gewebe gut zu unterscheiden. Manchmal wird auch ein Stück verdächtiges Hirngewebe entnommen, um es genauer zu untersuchen. Diese Histologie geschieht normalerweise in der Neuropathologie: Hier wird die Probe in Paraffin gebettet, mikrometerdünn geschnitten, auf einen gläsernen Objektträger aufgebracht, eingefärbt und unter dem Mikroskop beurteilt. Bis das Ergebnis dieses Schnellschnitts im OP ankommt, vergehen mindestens 20 Minuten. Die Alternative: „Mit einem Laser machen wir aus der Probe noch im OP eine digitale Histologie. Die Art, wie das Laserlicht mit den Molekülen im Gewebe interagiert, verrät nämlich etwas über dessen Zusammensetzung. Diese Methode dauert nur fünf Minuten“, sagt Prof. Schnell. „Studien haben gezeigt, dass beide Histologieverfahren – das klassische und das digitale – hohe Übereinstimmungen haben. Wir wollen die neue Variante deshalb intensiver diagnostisch nutzen.“ OP-Planung und intraoperative Neuronavigation mit mordernster Computertechnik Prof. Schnell erklärt: Die 5-ALA-Fluoreszenz-Mikroskopie lässt den Tumor rot-violett leuchten und hebt ihn von gesundem Gewebe ab. Fortsetzung von S. 11 Ultraschall-, CT-, MRT- und PET-Bilder miteinander kombinieren. Wenn sie die Aufnahmen übereinanderlegen, sehen sie, wo der Tumor genau liegt, wie aggressiv er ist, wie schnell oder langsam er wächst und wo Proben genommen werden sollten. Auch bewegungs- und sprachrelevante Areale und Faserbahnen können sich die Ärztinnen und Ärzte in der OP-Planung vorab farbig kennzeichnen. So finden sie immer den kürzesten und sichersten Weg zum Tumor. Während eines Eingriffs blendet das OP-Team dann millimetergenaue Markierungen über dem Operationsfeld ein und kennzeichnet mit dieser Neuronavigation, wo die Schnittlinien verlaufen sollen. „Zusätzlich haben wir in Erlangen den Vorteil, dass wir MRT- und Ultraschallaufnahmen unmittelbar während eines Eingriffs erstellen können“, erläutert Prof. Schnell. „Wir erfahren also in Echtzeit, ob es noch Tumorreste gibt, die wir entfernen müssen.“ Mittels Neuromonitoring überwacht das OP-Team wichtige Nervenfunktionen. „Es gibt beispielsweise einen Sauger, mit dem wir den zerkleinerten Tumor he- rausholen. Das Gerät warnt uns per Audiosignal davor, weiter ins Gewebe vorzudringen, wenn direkt daneben ein Funktionsareal liegt. So schützen wir den Patienten vor Funktionseinschränkungen – etwa vor einem Sprachverlust oder einer Halbseitenlähmung“, beschreibt Prof. Schnell.

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