| 15 Titel aufgehört zu zählen, wie viele Rezidive und wie viele Chemotherapien ich hatte. Es waren unter anderem zwei Hochdosis-Chemos“, berichtet Marcel Preis. Bei einer Hochdosis-Chemotherapie werden zuerst Stammzellen des Patienten gesammelt, weil die Therapie das Knochenmark zerstört. Nach der Chemo werden die Stammzellen zurückgegeben und es können sich im Knochen wieder neue Blut- und Immunzellen bilden. „Diese Hochdosis-Behandlung heilt manche Patienten mit einem solchen Keimzelltumor“, erklärt Dr. Müller von der Medizinischen Klinik 5 – Hämatologie und Internistische Onkologie. „Marcel Preis gehörte leider nicht dazu.“ Ein innovativer Ansatz Immer wieder bekam der junge Mann neue Therapien. „Irgendwann gab es aber keine Möglichkeit mehr, gegen die Krankheit vorzugehen. Der Patient war palliativ, eine heilende Behandlung war nicht mehr möglich“, macht Dr. Müller klar. Doch dann, Anfang 2023, zeigte sich für Marcel Preis mitten im tobenden Sturm seiner Krebserkrankung ein neuer Hoffnungsschimmer. „Meine Frau und ich hatten viel selbst recherchiert“, erinnert sich der heute 39-Jährige. „Ich war in den letzten Jahren bei so vielen Ärzten in verschiedenen Krankenhäusern in Deutschland. Und eines Tages sagte mir jemand, dass es da neue Forschung gibt.“ Und so wurde Marcel Preis am Uniklinikum Erlangen in die Studie BNT211 des Biotechnologieunternehmens BioNTech aufgenommen. Sie erforscht eine völlig neuartige Therapie, die nach Aussage von BioNTech die erste ihrer Art werden könnte. Prof. Dr. Andreas Mackensen, Direktor der Medizinischen Klinik 5, leitet die weltweite Studie. Seine Klinik ist eines von insgesamt acht deutschen Zentren, die teilnehmen. Ansatz der Forschung: Sogenannte CAR-T-Zellen werden mit einer besonderen mRNA-Impfung (CARVac) kombiniert. CAR-T-Zellen sind gentechnisch veränderte eigene Immunzellen einer Patientin bzw. eines Patienten (s. S. 18), die darauf „programmiert“ werden, Tumorzellen zu erkennen und zu zerstören. Die zusätzliche Impfung führt dazu, dass die CAR-T-Zellen länger im Körper zirkulieren und aktiv bleiben. Die Vakzine unterstützt also die Immuntherapie. Ein unverwechselbares Ziel Im Rahmen der Phase-I-Studie BNT211 werden für die betroffenen Patientinnen und Patienten spezielle CAR-T-Zellen hergestellt, die das Tumorprotein Claudin-6 erkennen und angreifen. Dieses Protein ist ein ideales Ziel, „weil es eigentlich nur in der Phase vorkommt, in der der Embryo entsteht, in der wir also nicht mehr sind als ein Zellhaufen“, erklärt Fabian Müller, der die Erlanger CAR-T-Zell-Einheit leitet. „Erwachsene haben das Antigen Claudin-6 nicht mehr. Krebs reguliert es aber unter Umständen wieder hoch. Es ist also ein gut geeignetes krebsspezifisches Ziel, vor allem bei Keimzelltumoren wie bei Herrn Preis, bei Eierstock- und Magenkrebs, seltener auch bei Lungen- und Gebärmutterkrebs.“ Alle genannten sind solide Tumoren. Diese werden von „flüssigem Krebs“ unterschieden, der von Blutzellen abstammt. Bisher war es sehr → Wir verstehen immer besser, wie Immunsystem und Krebs interagieren. Ich glaube, dass es in mittlerer Zukunft eine Reihe neuer Therapien geben wird. PD Dr. Fabian Müller
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