Gesundheit erlangen - Winter 2024/25

30 | Medizin Frau Prof. Schützenberger, was hat es mit dem Kloß im Hals auf sich, wie beschreiben Patientinnen und Patienten dieses Gefühl? Zunächst einmal muss man sagen, dass dieses Empfinden, das auch Globusgefühl genannt wird, in bestimmten Situationen etwas ganz Normales ist. Die Patientinnen und Patienten berichten, dass sie ständig oder immer wiederkehrend ein Fremdkörpergefühl im Hals haben. Meist ist es schmerzlos und tritt nur beim Leerschlucken auf, also nicht beim Essen und Trinken. Das klingt nach einem wichtigen Hinweis. Ja, wenn Essen und Trinken keine Probleme machen, wenn es keine Schmerzen und keine Gewichtsabnahme gibt, sind wir Ärztinnen und Ärzte gleich beruhigter, weil das tendenziell eher gegen eine bösartige Erkrankung, also gegen einen Tumor, spricht. Es gibt in der Medizin ja kein „immer“ und kein „nie“ – trotzdem gibt uns eine solche Patientenbeschreibung zunächst eher Entspannung. Was sind aber dann die Ursachen für das Kloßgefühl? Die Ursachen werden viel diskutiert. Zum einen sind da bakterielle oder virale Infekte, die auch den Rachenraum betreffen. Sie können Sekretionsstörungen der kleinen Speicheldrüsen mit sich bringen. Das heißt: Während oder nach dem Infekt fließt weniger Speichel oder seine Konsistenz ist verändert. Die Schleimhaut ist gereizt und trocken. Das kann zu Missempfindungen beim Schlucken führen. Wir alle kennen ja dieses Gefühl bei oder nach einer Erkältung. Oder nach COVID-19. Ja, auch das. Aber auch COVID-19 ist eine Viruserkrankung. Das Kloßgefühl gab es auch schon vor der Coronapandemie, aber eben hervorgerufen durch andere virale Infektionen. Gibt es noch weitere Ursachen? Eine zweite Erklärung ist Reflux, also das Zurückfließen von Magensäure in die Speiseröhre oder den Kehlkopf. Das muss sich nicht zwingend wie Sodbrennen anfühlen, sondern kann eben auch als Fremdkörper wahrgenommen werden – ausgelöst durch einen kontinuierlichen stillen Reflux, der die Schleimhäute dauerhaft reizt. Ein Indiz dafür ist, dass der Kloß im Hals eher morgens auftritt, nachdem die Person lange gelegen hat, wodurch die Säure leichter aufsteigen konnte. Wenn Reflux die Ursache ist, sollte man zuerst die sogenannten Lifestylefaktoren anpassen: zum Beispiel zwei Stunden vor dem Zubettgehen nichts mehr essen, abends nichts Süßes, sehr Fettiges oder Säurehaltiges zu sich nehmen, Übergewicht reduzieren, Stress vermeiden, mit dem Rauchen aufhören. Und wenn das Fremdkörpergefühl eher abends auftritt? Das kommt auf den Einzelfall an. Es kann aber zum Beispiel mit einer Fehlbelastung der Stimme zusammenhängen. Wenn ich also eine Lehrkraft vor mir habe, die den ganzen Tag ihre Stimme strapaziert hat und die sie vielleicht auch falsch belastet, dann würde ich zunächst mal in diese Richtung denken. In einem solchen Fall hilft eine logopädische Therapie, also Stimmtraining. Ein anderer Faktor sind sicher hormonelle Veränderungen – etwa nach der Menopause, wenn die Schleimhäute allgemein trockener werden. Auch Medikamente oder Erkrankungen wie Diabetes können zu einem Kloßgefühl im Hals beitragen. Zusammengefasst sind also meist Infekte, Reflux, Stimmstörungen oder hormonelle Veränderungen schuld. Ja, allerdings kommt jetzt das große Aber: Man hat herausgefunden, dass bei bis zu 96 Prozent der Oberärztin Prof. Dr. Anne Schützenberger ist Fachärztin für HNO-Heilkunde. Sie leitet die Phoniatrie und Pädaudiologie in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik – Kopf- und Halschirurgie des Uniklinikums Erlangen.

RkJQdWJsaXNoZXIy ODIyMTAw