Gesundheit erlangen - Sommer 2022

18 | POLYTRAUMA Ob Menschen schwere Unfälle überleben oder nicht, entscheidet das Schicksal – und das überlegte Vorgehen von Unfallchirurginnen und -chirurgen im OP-Saal. Denn nicht jede Fraktur sollte sofort gerichtet werden. VON FRANZISKA MÄNNEL „Warum fährt der so eine komische Linie?“, dachte Michael Hallers* Freund, als er ihm Mitte April 2022 mit dem Motorrad folgte. „Warum lenkt er jetzt nicht ein?!“ Da zog es Michael Hallers Maschine schon auf die Gegenfahrbahn. Mit hoher Geschwindigkeit streifte er ein Auto, wurde über die Straße ins Gebüsch geschleudert. „Ich weiß noch, dass mein Freund zu mir kam, und dass ein Ehepaar anhielt – sie war Krankenschwester“, berichtet der 73-jährige Verunglückte. „Sie haben versucht, meine Lederkombi aufzuschneiden, ummir einen Zugang zu legen. Ich hatte einen dumpfen Druck auf der Brust, und ich wusste: Mein Oberschenkel ist nicht mehr heil.“ Dass es viel mehr war als nur der Oberschenkel, sollten später der Notarzt und die Unfallchirurginnen und -chirurgen am Uni-Klinikum Erlangen erkennen. What kills first Der Rettungshubschrauber brachte Michael Haller nach Erlangen. Im Schockraum wurde er ins Spiral-CT geschoben, das ihn von Kopf bis Fuß auf Verletzungen scannte. Die FASTSonografie durchsuchte Bauch, Flanken und Becken nach Blutungen. Jeder Notfall erhält einen Score, der die Schwere des Traumas angibt. Ein Polytrauma umfasst mehrere Verletzungen, von denen mindestens eine lebensbedrohlich ist. „Von Polytrauma sprechen wir ab einem Wert von 16. Michael Haller lag bei 33“, erklärt Oberarzt Dr. Johannes Krause von der Unfallchirurgischen und Orthopädischen Klinik des Uni-Klinikums Erlangen. Er operierte den Motorradfahrer sofort nach seiner Einlieferung. Das Ausmaß: Oberschenkelfraktur und Sprunggelenksbruch rechts, aufgerissener Unterschenkel und zertrümmerter Mittelfuß links, drei gebrochene Rippen, gebrochener fünfter Brustwirbel. Tödl iche Folgen Jedes zehnte Unfal lopfer – genauer: 11,4 Prozent – stirbt innerhalb der ersten 30 Tage. Das Polytrauma ist die Haupttodesursache bei Menschen unter 45 Jahren. „Wir forschen, damit Sie überleben“ Unter dem Fluoreszenzmikroskop untersuchen Prof. Kalbitz und ihr Team u. a. Herzgewebe auf entzündliche Veränderungen. Feature

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