Gesundheit erlangen - Winter 2023/24

34 | Medizin Neue Studie mit Erlanger Beteiligung rüttelt an Hygiene-Hypothese Wer als Kind im Dreck spielt, trainiert sein Immunsystem und bekommt später keine Allergien; wer zu hygienisch aufwächst, schon: Was seit mehr als 30 Jahren als Konsens gilt, gerät nun ins Wanken. Eine neue Studie der FAU, des Uniklinikums Erlangen und des Karolinska Institutet in Stockholm zweifelte die sogenannte Hygiene-Hypothese kürzlich im Forschungsmagazin Science Immunology an. Generell werden Allergien und Autoimmunerkrankungen wie Asthma, Heuschnupfen und Ekzeme immer häufiger. Die bisher angenommene Ursache: zu große Sauberkeit. Denn Menschen, die z. B. auf einem Bauernhof aufgewachsen sind, leiden vermeintlich seltener an diesen Krankheiten. Wenn das Immunsystem sich aber nicht mit Eindringlingen von außen beschäftigen muss, richtet es sich gegen sich selbst – mit den bekannten Folgen. Doch die Hygiene-Hypothese wurde bisher noch nie ausreichend experimentell überprüft. Das Forschungsteam, zu dem auch Prof. Dr. Stephan P. Rosshart, Leiter der Mikrobiomischen Abteilung des Uniklinikums Erlangen, gehört, verglich nun eine Gruppe von Standard-Labormäusen, die unter nahezu keimfreien Bedingungen geboren wurden und aufwuchsen, mit sogenannten Wildlingsmäusen. Die Wildlinge sind eine Schmutzig ist nicht besser neue Art von Labormäusen, die Prof. Rosshart entwickelt hat. Sie sind genetisch identisch mit StandardLabormäusen, tragen jedoch die Mikroorganismen von echten Wildmäusen aus der freien Natur in sich und wachsen unter halbnatürlichen Bedingungen auf – in Käfigen mit Heu und anderen Materialien –, sind also einer mikrobiellen Belastung ausgesetzt. Ergebnis des Vergleichs: Beide Gruppen von Mäusen reagierten ähnlich auf Allergene. „Wildlinge waren also nicht vor Allergien geschützt – so wie es gemäß der HygieneHypothese zu erwarten gewesen wäre“, erklärt Stephan Rosshart. „Im Gegenteil: Sie entwickelten sogar stärkere Symptome. Unsere Studie wirft damit ein neues Licht auf die Hygiene-Hypothese. Unsere Forschung zeigt, dass fehlende mikrobielle Expositionen nicht die einzigen Faktoren für den Anstieg allergischer Erkrankungen sein können. Wahrscheinlich gibt es viele verschiedene Faktoren, etwa das Leben in Innenräumen, körperliche Aktivität, Schadstoffe und chemische Verbindungen in der modernen Welt.“ Spielen im Matsch schützt nicht zwingend vor Allergien und Autoimmunerkrankungen. Link zur Studie bit.ly/3u6VsQa

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