Gesundheit erlangen - Winter 2023/24

PILGERN MIT KREBS Den eigenen Weg finden und dabei Pausen machen, den Blick auf kleine Dinge richten, die Freude bereiten, Gemeinschaft erleben: Diese Erfahrungen erlaubt das alljährliche „Pilgern mit NET“. VON FRANZISKA MÄNNEL Ein Schritt nach dem anderen 38 | Medizin Sie laufen und laufen, Tag für Tag. Meist gehen die Pilgerinnen und Pilger nebeneinander her, hin und wieder wandern sie allein – in Stille. Sieben bis zwölf Kilometer täglich, eine Woche lang. „Die meiste Zeit wird dabei geredet“, erzählt Teilnehmerin Susanne U. Zweimal war die 67-Jährige schon beim Pilgern dabei. Seit 2019 wird die Tour für Menschen mit neuroendokrinen Tumoren (NET) angeboten – entlang des Lippischen Pilgerweges im Teutoburger Wald. Susanne U. bekam ihre Diagnose 2020: Primärtumor im Dünndarm, multiple Lebermetastasen, monatliche Medikamentenspritzen, um das Wachstum und die Hormonausschüttung des Tumors auszubremsen. Zweimal wurde Susanne U. seitdem am Darm operiert – einmal am Uniklinikum Erlangen, einmal in ihrer Heimat in Niedersachsen. Vor dem Pilgern hatte sie entsprechend großen Respekt: „Ich war relativ unsicher: Was, wenn mein Darm unterwegs verrücktspielt? Wenn ich abbrechen muss?“ Sie habe deshalb lang mit Irmgard Baßler telefoniert, Fachärztin für Innere Medizin und NET-Expertin. Sie begleitet jede Tour. „Frau Baßler ist die Seele der Gruppe. Sie kannte alle meine Bedenken schon von anderen Betroffenen und machte mir Mut, es zu versuchen“, berichtet Susanne U. Im Herbst 2022 traute sie sich. Die individuelle Frikadelle Eine mitpilgernde Ärztin, eine Sporttherapeutin als „Nachhut“ und ein Begleitfahrzeug, das einen im Notfall aufsammelt, bilden für die Teilnehmenden ein „Sicherheitsnetz – wie im Zirkus“, so beschreibt es Pilgerin Allegra S. Scham oder Angst bezüglich der eigenen Beschwerden seien nicht nötig, denn alle Gruppenmitglieder kennen die Probleme und eine Notfallversorgung ist sichergestellt. Eine weitere Besonderheit des NET-Pilgerns: Die Gruppe übernachtet nicht jeden Tag an einem anderen Ort, sondern kehrt nach jeder Etappe in dasselbe Hotel in Bad Meinberg zurück – eine frühere Rehaklinik, an einem idyllischen Kurpark gelegen. „Die Versorgung in unserem Basislager ist spitze“, findet Allegra S., die nach eigener Aussage „einen Sack voller Allergien“ mit sich herumträgt und nicht alles essen kann. „Die gehäutete Tomate zum Frühstück und die Frikadelle ohne Eiklar zum Abendessen werden dort ganz selbstverständlich zubereitet.“ Und so, wie das Hotelteam mitdenkt, so tun es auch die Pilgern-

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